Zeitgemässes Steuerrecht jetzt! Die Mitte-Initiative ist keine Alternative

15 September 2025

Heute beginnt der Nationalrat seine Beratungen zur Volksinitiative «Ja zu fairen Bundessteuern auch für Ehepaare – Diskriminierung der Ehe endlich abschaffen». Das Anliegen, die Heiratsstrafe abzuschaffen, ist richtig, doch die bereits verabschiedete Individualbesteuerung – ein Kompromiss von Bundesrat und Parlament – ist die zeitgemässe Lösung. Sie schafft namhafte Erwerbsanreize, kostet deutlich weniger und ist ein längst überfälliger Schritt für die Gleichstellung.

Das Bundesgericht entschied bereits 1984, dass die steuerliche Diskriminierung von Ehepaaren abgeschafft werden muss. Heute zahlen Ehepaare, bei denen beide berufstätig sind, oft mehr Steuern als Konkubinatspaare, weil ihre Einkommen zusammengerechnet werden (höhere Progression). Deshalb verzichtet die zweitverdienende Person (häufig Frauen) oft auf ein höheres Arbeitspensum. Über die Notwendigkeit, diese Ungleichheit zu beseitigen, besteht breiter Konsens. Zur konkreten Umsetzung konkurrieren aber zwei Modelle: ein fortschrittliches und ein konservatives Modell:

  • Das fortschrittliche Modell ist die im Juni verabschiedete Individualbesteuerung: Jede Person füllt eine Steuererklärung aus und zahlt auf ihr Einkommen und ihr Vermögen Steuern, unabhängig vom Zivilstand.
  • Das konservative Modell ist jenes der Initiative „Ja zu fairen Bundessteuern auch für Ehepaare“, die von der Mitte lanciert wurde. Diese verlangt eine alternative Steuerberechnung für Ehepaare: Neben der gemeinsamen Besteuerung soll auch eine zweite Steuerrechnung gemacht werden, als wären die beiden Personen unverheiratet. Tatsächlich in Rechnung gestellt würde dann der tiefere der beiden berechneten Steuerbeträge.

Der direkte Vergleich der beiden Modelle zeigt eindrücklich die Vorteile der Individualbesteuerung gegenüber der Mitte-Initiative:

  • Die Umsetzung der Individualbesteuerung führt zu Ausfällen von rund 600 Mio. Franken. Bei der Mitte-Initiative sind es nach aktualisierten Berechnungen Steuerausfälle von über einer Mrd. Franken im Jahr;
  • Die Individualbesteuerung bedeutet nur im ersten Jahr einen Mehraufwand. Danach wird das System für die steuerpflichtigen Personen und die Steuerbehörden einfacher, da es keine Wechselfälle mehr gibt (Heirat, Scheidung, Tod eines Partners). Auch lässt sie einen höheren Grad an Automation zu, was den Aufwand für die Steuerbehörden ebenfalls reduziert;
  • Die von der Mitte-Initiative geforderte alternative Steuerrechnung zieht hohen bürokratischen Aufwand nach sich: Für alle Paare müsste jedes Jahr zwei Steuerberechnungen vorgenommen werden.
  • Viele Frauen möchten mehr arbeiten, heute fressen aber Steuern und Betreuungskosten den zusätzlichen Lohn auf. Gemäss einer Studie können dank der Erhöhung von Pensen – vornehmlich von Frauen – bis zu 44‘000 neue 100%-Stellen besetzt werden. Die Mitte-Initiative setzt keine namhaften Beschäftigungsanreize und trägt auch nicht zur Gleichstellung bei. Einverdienerhaushalte, die bereits heute profitieren, werden noch stärker entlastet.
  • Bei der Individualbesteuerung werden gerade einmal 14 % der Steuerpflichtigen (mit sehr hohem Einkommen) geringfügig mehrbelastet und das sind diese Personen, die heute einen Steuervorteil aufgrund des Zivilstandes haben. Für 36 % ändert sich nichts und 50 % der steuerpflichtigen Personen werden in Zukunft weniger Steuern bezahlen.

Die Individualbesteuerung ist eine logische Weiterentwicklung der Gleichstellung: Seit 1971 haben Frauen das Stimmrecht, 1988 trat das neue Eherecht in Kraft und 2021 entschied das Bundesgericht, dass die Ehe keine lebenslänglich finanzielle Absicherung mehr ist. Es ist folgerichtig, dass auch das Steuerrecht alle als eigenständige Individuen anerkennt.

Das überparteiliche Komitee «JA zur Individualbesteuerung» engagiert sich für diese längst überfällige Anpassung des Steuerrechts an die Realität. Der Kompromiss von Bundesrat und Parlament ist gut ausbalanciert und ausgewogenen, er reduziert die Einnahmeausfälle, schafft die Ungleichbehandlung ab und setzt Beschäftigungsanreize. Damit ist die Individualbesteuerung bei Weitem das zukunftsfähigere Modell als die Mitte-Initiative.

Kontakte:
Eva Herzog, Ständerätin, SP, 079 790 34 79
Kathrin Bertschy, Nationalrätin, glp, 078 667 68 85
Céline Widmer, Nationalrätin, SP, 078 600 03 91
Franziska Ryser, Nationalrätin, Grüne, 076 439 81 70
Susanne Vincenz-Stauffacher, Nationalrätin, FDP, 079 936 83 62

Medienmitteilung als PDF

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